Sich selbst organisierende Mitarbeiterteams sind den rasch aufkommenden und zunehmend unvorhersehbaren Anforderungen der Digitalökonomie besser gewachsen als die anweisungsorientiert geführten Teams alten Stils.
Ein zentraler Aspekt dabei ist der, wie das Team zu schnellen und zugleich guten Entscheidungen kommt. Hier sind die drei Tools, die das möglich machen.
Wer die Zukunft erreichen will, muss zügige, robuste und flexible Entscheidungen treffen. Die üblichen Methoden, also der Mehrheitsentscheid und der Konsensentscheid, sind dazu wenig geeignet.
Beim Mehrheitsentscheid wird eine Entscheidung nach einem vorgegebenen Mehrheitsschlüssel getroffen. Bis zu 49 Prozent aller Stimmen können in einem solchen Abstimmungsprozess verlieren.
Viel Unzufriedenheit kann so entstehen, was die Tragfähigkeit einer Entscheidung schnell unterminiert.
Demgegenüber benötigt ein Konsens (mit s) die ausdrückliche Zustimmung aller. Ihm eilen oft lange Debatten voraus, die jedes vertretbare Maß überschreiten. Schließlich einigt man sich, wenn überhaupt, auf den kleinsten gemeinsamen Nenner, also das geruhsame Mittelmaß. Dies ist wohl der schlechteste aller Wege in eine gute Zukunft.
Außerdem werden die Zeitbudgets für alles und jeden im Team immer knapper. Umso mehr gilt es nun, zu schnelleren Entscheidungen zu kommen und zugleich deren Qualität zu steigern.
Hierzu schlage ich die folgenden drei Methoden vor. Mit zähen Diskussionen oder wachsweichen Gruppenbeschlüssen ist dann endlich Schluss.
Der Konsent-Entscheid
Der Konsent (mit t) will kein Maximum an Zustimmung, sondern klären, ob es gravierende Vorbehalte oder ernsthafte Bedenken gegenüber einem Vorschlag gibt.
Also nicht „Ja, ich stimme zu!“, sondern „Nein, ich habe keinen schwerwiegenden, begründeten Einwand.“ So stützt sich der Konsent auf Entscheide, die „gut genug für den Moment und sicher genug für einen Versuch“ sind.
Dazu unterbreitet ihr den Entscheidungsvorschlag, klärt etwaige Unklarheiten und fragt dann so:
„Sieht jemand einen wichtigen Grund oder eine ernste Bedrohung, weshalb dieser Vorschlag in Hinblick auf unser gemeinsames Ziel Schaden anrichten könnte?“
Ein „ungutes Gefühl im Bauch“ ist zu wenig. Es braucht triftige Hinweise auf womöglich gefährliche Konsequenzen, wie zum Beispiel: ein Entscheid torpediert die Unternehmensstrategie, baut unnötige Bürokratie auf, unterminiert Kundeninteressen.
Zudem kann es gesetzliche Vorschriften, Haftungsgründe, Compliance-Regeln, Finanzimplikationen oder Aspekte rund um die IT-Sicherheit geben, die einem geplanten Vorgehen entgegenstehen.
Die konkrete Entscheidung fällt so: Auf Kommando eins, zwei, drei treffen alle an der Entscheidung beteiligten gleichzeitig (um einander nicht zu beeinflussen) ihre Wahl.
- Faust mit Daumen nach oben bedeutet: alles okay.
- Ausgestreckte wackelnde Hand mit der Handfläche nach unten: Ich habe leichte Bedenken, die aber unschädlich für die Annahme des Vorschlags sind.
- Ausgestreckte Hand mit der Handfläche nach oben (also gebend): Ich habe gravierende Bedenken und konkrete Hinweise auf einen bedrohlichen Schaden.
Wer die dritte Variante gewählt hat, nennt seine konkreten Bedenken. Danach fragt ihr zunächst den Vorschlaggebenden, ob er seinen Vorschlag modifizieren kann. Sieht der keine Möglichkeit, fragt ihr den Bedenkengebenden, ob er eine Idee dazu hat.
Gegebenenfalls bittet ihr die gesamte Gruppe um Lösungsvorschläge.
Nach der Modifizierung erfolgt eine zweite Abstimmung. Gibt es nun kein Veto mehr, ist der Vorschlag angenommen, man setzt ihn versuchsweise um. Gibt es weiterhin ernste Bedenken, geht ihr in eine weitere Runde – oder ihr legt den Vorschlag ad acta.
Entscheidungsmethoden – Die Elfer-Skala
Die Elfer-Skala ist sehr effizient, um Entscheidungen zügig herbeizuführen, sowohl in Präsenz als auch bei virtuellen Zusammenkünften. Zunächst wird das Thema vorgestellt, zu dem eine Entscheidung ansteht.
Hiernach ist Zeit für Verständnisfragen. Dann wird, indem man eine Skala von 0 bis 10 auf eine (umgedrehte) Pinwand malt, den Anwesenden eine erste Bewertungsfrage zum Ankreuzen gestellt:
Auf dieser Skala von 0 bis 10: Wie wichtig und dringlich ist das Thema für uns?
Jeder trifft seine Entscheidung. Anschließend werden stellvertretend je zwei Meinungen aus dem niedrigen (0 bis 3) und dem hohen Bewertungsbereich (7 bis 10) gehört. Hiernach gibt es eine zweite Bewertungsrunde mit der gleichen Frage auf einer neugezeichneten Skala.
Liegen alle Antworten nun zwischen sieben und zehn, ist die Entscheidung gefallen. Liegen Bewertungen noch immer darunter, kann eine Konsent-Frage helfen. Womöglich muss der Vorschlag danach überarbeitet werden.
Die konsultative Beratung
Geht es um bedeutsame Entscheidungen, die ein Einzelner oder ein selbstorganisiertes Team zu treffen hat, rate ich zu folgender Bedingung, die im gesamten Unternehmen gilt: „Holt vorher immer zwei weitere Meinungen ein.“
Das kann zum Beispiel der Einwurf eines internen oder externen Spezialisten, der kluge Rat eines Kollegen/einer Kollegin oder der Hinweis einer erfahrenen Führungskraft sein.
Ziel dieser Methode ist es, die Expertise Dritter in das weitere Vorgehen miteinzubeziehen. Dazu werden, bevor eine wichtige Entscheidung getroffen wird, verpflichtend mindestens zwei sachkundige Personen befragt – nie nur nette Personen.
Entscheidungen stehen auf einer breiteren Basis, wenn man sie aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet und sowohl Zuspruch als auch abweichende Meinungen hört.
Die Verantwortung, wie am Ende entschieden wird, bleibt bei der entscheidenden Person oder Gruppe, auch in der Remote-Arbeit.
Wer eine konsultative Beratung für sich annimmt, also auf die Expertise Dritter setzt, umgeht langwierige Abstimmungsrunden, verbessert die Entscheidungsgrundlage, erhöht die Handlungssicherheit und beschleunigt die Umsetzungsgeschwindigkeit.
All das befördert Erfolge – und macht fit für die Zukunft.
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Die Autorin
Anne M. Schüller ist Managementdenker, Keynote-Speaker, mehrfach preisgekrönte Bestsellerautorin und Businesscoach. Die Diplom-Betriebswirtin gilt als führende Expertin für Zukunftsstrategien und eine kundenzentrierte Unternehmensführung.
Zu diesen Themen hält sie Impulsvorträge auf Tagungen, Fachkongressen und Online-Events. 2015 wurde sie für ihr Lebenswerk in die Hall of Fame der German Speakers Association aufgenommen.
Beim Business-Netzwerk Linkedin wurde sie Top-Voice 2017 und 2018. Von Xing wurde sie zum Spitzenwriter 2018 und zum Top Mind 2020 gekürt. 2024 wurde sie als Unternehmerin der Zukunft ausgezeichnet.